Heute morgen hatte ich das Vergnügen, für Radio 1Live ein kurzes Interview zu geben. Es war aus meiner Sicht allerdings etwas chaotisch: zwei Moderatoren im Studio, der eine fragt und der andere redet und damit niemand beim Zuhören einschläft, muss ich mich schnell entscheiden, wem ich worauf antworte… 🙂
Danke 1LIVE, mir hat es Spaß gemacht! Hier nun eine kurze Zusammenfassung der Themen und was ich noch hätte sagen wollen, wenn die Sendezeit länger gewesen wäre.
Das Thema der Sendung war die Wahlheimat. Das Land, in dem wir geboren werden, können wir uns nicht aussuchen, das Land, in dem wir heute oder später leben, aber schon.
Welches Land erklären die meisten Deutschen zu ihrer Wahlheimat?
Mit Abstand und seit Jahren ist die Schweiz die Nummer Eins der deutschen Auswanderer. Für die regelmäßigen Leser dieses Blogs sicher keine Überraschung.
Und warum ausgerechnet dieses Land?
Die Schweiz ist kulturell und räumlich nah gelegen zu Deutschland. Man kann die Familie in Deutschland am Wochenende besuchen.
Die Schweiz ist ein Traumland, in das seit Jahrzehnten die Wohlhabenden aus aller Welt ziehen. Und man ist auch als Normalverdiener willkommen, eine Krankenschwester hat mir erzählt, dass sie einen stressigen Arbeitsplatz in Deutschland eingetauscht hat gegen eine Anstellung in der Schweiz: viel ruhiger, freundlicher, und respektvoller ist der Umgang dort. Sie ist glücklich. Sie hatte nie gedacht, dass so etwas möglich ist.
Und die finanzielle Seite ist auch wichtig: Wer Wohlstand erworben hat, wird nicht durch Steuern dafür bestraft. (Die Lebenshaltungskosten sind zwar hoch, aber es macht doch für viele einen großen Unterschied, ob sie wie in Deutschland ein halbes Jahr für den Fiskus arbeiten oder ob sie rechnerisch den gleichen Betrag für ihren eigenen Lebensstandard ausgeben. Das erste ist eine anonyme Zwangsabgabe, das andere ein kontrollierbares Geschäft.
(Ob das zukünftig noch so bleibt, sollte man vorsichtig verfolgen. Die politischen Bestrebungen, die Schweiz als Steuerparadies zu "knacken", könnten auch in eine andere Richtung führen).
In welchen Ländern ist man besonders nett zu Deutschen?
Außerhalb der Bundesrepublik? Nein, das war wohl nicht mit der Frage gemeint …
Ich denke, es ist wenig hilfreich, wenn wir das anhand von Nationalitäten beantworten wollen. Worauf es viel mehr ankommt, ist der Charakter eines Auswanderers – sei es beim Auswandern, sei es im Urlaub oder im Rahmen einer Entsendung ins Ausland.
Es ist doch wie bei uns: ab und an wird allgemein kritisch über die Ausländer im eigenen Land gesprochen. Seien es Russen, Türken, Polen oder die Italiener. Da geht es nicht um einzelne Menschen. – Und es ist was ganz anderes, wenn mein Nachbar aus Russland kommt, dann ist er nicht mehr irgendwer aus der Masse, sondern Sergey von nebenan.
In welchem Land ist die Einwanderung besonders schwierig?
Einem Experten für Herzchirurgie steht die Welt offen und ein ungelernter Erntehelfer wird in jedem Land Schwierigkeiten beim einwandern haben. – Schwierig? Das ist die Frage, schwierig für wen?, nicht die Frage: Schwierig in welchem Land? Sprachkenntnis und berufliche Qualifikation sind da entscheidend.
Ansonsten kann man sagen, dass die Personenfreizügigkeit in der Europäischen Union den dauerhaften Wohnsitzwechsel/ die Einwanderung sehr erleichtern. Daran gemessen, ist die Einwanderung in ein Nicht-EU Land generell schwieriger.
Was ist sonst noch wichtig?
- die Landessprache zu beherrschen; Iris hat dazu eben einen Erfahrungsbericht aus den Niederlanden geschrieben
- gute Landeskenntnis – Urlaub oder besser noch, ein längerer Aufenthalt sind wichtig als Vorbereitung
- Man sollte auf die Rückreise vorbereitet sein, falls alles schief läuft
Meine Favoriten?
Das sind derzeit Neuseeland und (noch?) die Schweiz. Und eigentlich ist auch fast jedes andere Land, das mich reizt, mit vielen offenen Fragen verbunden. So ist die Antwort nur als Momentaufnahme zu sehen.
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