Markus Neuer ist nach Laos ausgewandert. Aus seiner Erfahrung im Tourismus und als Reisebegleiter machte er in Laos eine solide Geschäftsidee.
Wann bist du nach Laos ausgewandert und wie waren die ersten Monate im Land?
Ende 2004 hatte ich mich entschieden, mein Leben in Deutschland auf die Probe zu stellen und zur Probe nach Laos zu kommen. Die Vorbereitung dazu kam schon auf mehreren Reisen, die ich in der Region unternommen hatte und auch Laos kannte ich schon. Die Idee war, in einem Touristik Unternehmen anzufangen und dort auch als Teilhaber einzusteigen…
Die ersten Monate waren alles andere als einfach! Ich musste mich trotz langjähriger Reiseerfahrung in zig Ländern erst daran gewöhnen, nicht einfach Reisender, sondern Resident zu sein. Das bringt in der Tat unerwartet viele Probleme mit sich. Mit wem trifft man sich und unternimmt etwas, von wem kann man etwas lernen und wie schafft man es, mit der Sprache weiter zu kommen?
Außerdem wurde ich zur Probe quasi in leitende Verantwortung gesetzt, was in einer komplett anderen Arbeitskultur und Verantwortungsverständnis keine leichte Aufgabe ist…dazu kam, dass mein Geld mehr als begrenzt, geliehen und ich oft nur vom nötigsten gelebt habe. Ein eigenes Zuhause konnte ich mir nicht leisten, ein Gästezimmer in der Firma (undichtes Dach inklusive) war im ersten Jahr mein „zu Hause“.
Die Begeisterung für die Auswanderung wurde nach wenigen Wochen schon überschattet mit den ganz alltäglichen Problemen der Arbeit und ich konnte bemerken, wie schwerwiegend meine Entscheidung mein Leben verändert hatte und würde.
Dazu schwanden natürlich die Freundschaften von zu Hause weiter in die Ferne, das Leben spielte sich etwas lokaler ab…Geldmangel war von Anfang an ein Problem…neue Freundschaften aufzubauen eine schwere Angelegenheit!
Du hast bisher über 30 Länder bereist. Das ging sicher nicht alles im Urlaub – war es beruflich und wenn ja, was genau hattest gemacht?
Ich war früher als Reiseleiter tätig, hatte Familie im Ausland und konnte so durchaus einiges kennen lernen. Meine Reisen waren oft mit dem damaligen Nebenjob des Reisebegleiters verbunden und Verlängerungen ergaben so manch eine Reise zu benachbarten Ländern… Dass ich eines Tages im Ausland arbeiten wollte, war mir schon länger klar, doch wie und wo, konnte ich natürlich nicht absehen. Bei einer Scouting Tour für einen deutschen Reiseveranstalter traf ich dann meinen späteren Business Partner in Laos.
Wenn man verschiedene Länder kennt, zieht man ja seine Vergleiche. Wie wurde Laos dein Favorit? Viele Deutsche würde lange auf der Weltkarte suchen müssen, um es zu finden – reizte dich die (aus deutscher Sicht) touristische und wirtschaftliche Unerschlossenheit?
Sicherlich gibt es viele andere Länder, die man Laos vorziehen könnte und ich weiß wohl um die Favoriten wie Australien, Neuseeland und andere. Dennoch war mir immer wichtig, nicht ins Blaue hinein etwas zu wagen, sondern mit einer Vorgabe und einem Ziel ins Ausland zu gehen. Ein Fall aus der Bekanntschaft hatte mich darauf nüchtern hingewiesen: Einer Freundin war der Traum vom Auswandern geplatzt, das Leben danach in Deutschland zur Qual geworden.
Ich bin Laos aus geschäftlicher Sicht entgegen gegangen und mit dem Hintergrund und dem Wissen, dass es recht unbekannt ist/ war. Das verringert den Gegenwind und eröffnet mehr Vorteile und Möglichkeiten. In meinem Kopf wurde mir schnell klar, was ich machen könnte und was ich mit meinem Können und Wissen schaffen kann. Vieles davon habe ich bis heute schon umgesetzt!
Die Unbekanntheit war also sicherlich ein Merkmal, das ausschlaggebend für mich war!
Was machst du genau? Bitte stelle dich und deine Arbeit etwas genauer dar.
Die Firma, die ich heute leite, heißt „Tiger Trail Outdoor Adventures“ und war vor einigen Jahren ein kleines Trekking Unternehmen, das sich auf dem lokalen Markt mit vorbei kommenden Kunden und Backpackern etablieren konnte. Wir waren die ersten Anbieter hier in der Gegend und sind heute sicherlich die meist kopierte Geschäftsidee. Dennoch haben wir uns über die Jahre vor allem im Internet und durch unser Engagement für die einheimische Bevölkerung und durch unsere sozialen Projekte hervorheben können. Unsere Erfindung und Umsetzung eines sozial verträglichen Tourismus (nachhaltiger Tourismus) ist über unsere Grenzen hin bekannt geworden und somit vielleicht auch unser Name. Wir haben also Geschäft mit Entwicklungsarbeit erfolgreich verbunden und tun dies natürlich auch heute mehr denn je!
Mein Ziel war es von Anfang an, die kleine Trekking Firma zu einem Unternehmen aufzubauen, das verschiedene Bereiche miteinander verbindet. Wir haben so zum Beispiel
- Abenteuerreisen in Laos
- Projekte, die den Menschen hier zu Gute kommen
- einen Webauftritt, der Kunden ermuntert hierher zu kommen und
- eine Geschäftsabteilung
aufbauen können. Die Geschäftsabteilung setzt sich ausschließlich mit internationalen Geschäftspartnern, meist Reiseveranstaltern, auseinander und kümmert sich um deren Kunden. Die Firma hat heute fast 50 Mitarbeiter, von denen 2 Ausländer sind plus jeweils 2 Volontäre oder Praktikanten aus dem Ausland.
Meine Arbeit vom Abenteurer und Reisebegleiter und gelernten Lehrer hat sich also auf einen Bürostuhl verlagert und verlangt meist delegierende Tätigkeiten von mir. Meine Frau unterstützt mich dabei tatkräftig.
Wikipedia führt im Absatz „Gesundheit“ für Laos AIDS und so ziemlich alle Tropenkrankheiten auf, die man kennt. Das lädt mich nicht gerade ein… Du lebst seit Jahren in dem Land, wie gehst du mit diesen Risiken um?
Die Risiken halten sich in Grenzen, sofern man selbst auch Grenzen beachtet. Krankheiten gibt es überall in der Welt, man denke nur an Afrika oder den ländlichen indischen Busch. Wichtiger zu bedenken ist die ärztliche Versorgung hier in Laos, die in keinster Weise mit Europa zu vergleichen ist. Menschen sterben hier oft nur auf Grund mangelnder Kenntnis der Ärzte oder dem mangelnden Interesse der Krankenhausmitarbeiter. Wer hier lebt, muss sich auch bewusst sein, dass nicht sofort ein Flieger kommt und uns rausholt. Wir haben dies in mehreren Fällen probiert, erfolglos.
Wer krank wird, sollte das Land verlassen. Im Notfall kann das sonst, wie Berichte aus meiner laotischen Bekanntschaft belegen, tödlich sein!
Wie hoch sind eure monatlichen Lebenshaltungskosten?
Das Leben in Asien generell ist recht günstig. Aber auch die Gehälter passen sich diesen Umständen an. Wer reich werden will, sollte es woanders probieren, nicht in Laos. Dennoch – ein Grundsatz stimmt auch hier: „Die Reichen werden immer reicher.“ Mit Geld kann man mehr Geld machen und wer viel investiert, kann je nachdem sogar mit guten Renditen arbeiten… was jedoch die Ausnahme ist.
Laos und seine Regierung fördert das Foreign Investment und möchte gerne mehr Investoren anlocken. Das Leben selbst kann so günstig wie 250 Euro im Monat sein, je nach Lebensstil. Ich bin lange Zeit, und ohne Familie, mit diesem Budget ausgekommen. Natürlich kann dies in Luang Prabang, wo Mieten hoch sind und Lebensmittel teuer, auch ganz anders aussehen.
Jeder sollte mit einbeziehen, dass die normalen Lebenskosten für uns Europäer nicht unbedingt repräsentativ sind – denn fast jeden Ausländer wird irgendwann die Lust auf Brot, Käse, Pizza und ähnliches einholen – Dinge, die hier sehr teuer sind! Außerdem muss ein Einsteiger mit Mehrkosten rechnen: Ein Visum, eine Wohnung einrichten, Mietzahlungen die oft 2-3 Jahre im Voraus zu leisten sind, ein Moped, ein Heimflug pro Jahr usw.
WICHTIG zu wissen ist: Wer kein Geld mitbringt, wird sich schneller unglücklich machen und die Träume vom Auswandern gehen dahin. Beispiele dafür gibt es wie Sand am Meer! Auswandern hat in den meisten Fällen etwas mit einer Existenzgründung und einer Selbstständigkeit zu tun, sofern man nicht einfach irgendwo einen Job bekommen sollte. Bei einer solchen Existenzgründung sind Gefahren in keiner Weise auszuschließen!
Laos zählt zu den 50 am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Gehören da ein PC, Kühlschrank, Fernseher und Auto schon zu den Luxusgütern? Gibt es zum Beispiel Internet?
Das Leben in Laos auf dem Lande ist sicherlich mit Verhältnissen aus der Mitte des letzten Jahrhunderts zu vergleichen und an Einfachheit kaum zu überbieten. Menschen leben noch heute von dem, was ihnen Felder geben, der Fischteich hergibt und eine Jagd im Walde hervorbringt.
Das Leben in der Stadt ist einem regen Wechsel unterlegen. Eine Entwicklung wie in Luang Prabang, mit Internetshops, Cafés, Wireless, Printshops, Hotels und Pubs usw. kann nicht überall erwartet werden. Es gibt natürlich Kühlschränke und sogar die meiste Zeit Strom dafür, Satellitenfernsehen und Satelliteninternet, Solarstrom usw. Sie ermöglichen auch das Leben auf dem Lande oder im Busch.
Laos ist zwar als eines der ärmsten Länder gekennzeichnet, was aber im Vergleich zu Afrika in vielen Fällen absurd erscheint. Denn die Natur gibt den Menschen sehr vieles und die Bevölkerung von gerade mal ca. 7 Millionen Menschen lebt noch immer zu gut 80% aus seinen ländlichen Ressourcen. Was das Land arm macht, ist das mangelnde Infrastruktur-System, mangelnde Bildung, teilweise mangelnde Wasser- und Stromversorgung, medizinische Versorgung. Dennoch, den Menschen mangelt es nicht an ihrem charmanten Lächeln und ihrer herzlichen Art.
Haben Sie herzlichen Dank für das Interview. (31.07. 2009)
P.S.: Wer sich für Investitionen, Projekte oder Laos als Auswanderungsland interessiert kann sich gerne bei mir informieren. An Ideen mangelt es uns nicht!
Bildnachweis: © Markus Neuer