Hubert Leyhr lebte mehrere Jahre in Südafrika. Warum die Rückkehr nötig war und warum der Abschied von Südafrika nicht für immer sein soll.
Du bist von Deutschland nach Südafrika gegangen. Was waren die Gründe?
Ich wollte mich selbstständig machen. Da meine Frau Südafrikanerin ist, lag dies nahe.
Du warst selbstständig. Was genau hast du gemacht?
Wir waren als Glaser tätig mit Schwerpunkt Fensterbau in Aluminium.
Bist du als Unternehmer ins Land gekommen?
Nein, das Geschäft war angemeldet auf meine Frau und den Schwiegervater, als ‚Ausländer‘ ist es schwierig, ein Gewerbe anzumelden.
Warum gerade Südafrika, was hat dich an dem Land gereizt?
Gereizt hat mich Südafrika allein schon wegen der Lebensart, natürlich wegen der großartigen Landschaft speziell die Gegend um Kapstadt.
Wie ist die berufliche Situation heute?
Meine persönliche Situation stellt sich wie folgt dar: Seit Anfang August sind wir wieder in Deutschland, seit Mitte September arbeite ich wieder.
Du sagst, eine Stelle zu finden sei in Südafrika sehr schwer, aber es gäbe einige von weißen Mitarbeitern besetzte „Inseln“. Welche bzw. wo sind die?
Vor allem in der Führungsebene internationaler Konzerne( Banken usw.) gibt es fast ausschließlich „Weiße“, sowie in Call-Centern etwa einer deutschen Airline.
Welchen Visa-Typ hattest du gewählt und wo hast du das Visum beantragt?
Ich habe in München beim Konsulat eine Relativ Permit beantragt, die ist für 2 Jahre gültig. Grundvoraussetzung ist, dass man mit einem südafrikanischem Partner zusammenlebt, oder verheiratet ist. Außerdem braucht man eine 2jährige Krankenversicherung, im Konsulat wurde mir ein deutscher Autoclub empfohlen. Die wollten aber ca. € 1400, sofort zahlbar. Nach dem Googlen wurde ich fündig für ca. 35 € / Monat als Einzugsermächtigung.
Wie lange hat die Bearbeitung durch die deutschen und südafrikanischen Behörden gedauert?
Das Visum selbst dauerte ca. 3 Wochen. Anschließend musste ich in Südafrika eine Work-Permit beantragen, da ich offiziell bei meiner Frau und Schwiegervater angestellt war. Dies dauerte ebenfalls ca. 4 Wochen, gleichzeitig wurde die Relativ-Permit um ein weiteres Jahr verlängert. Ich beantragte ebenso eine Daueraufenthaltsgenehmigung, die über 1 Jahr dauerte bis zur Erteilung.
Wie teuer war ungefähr der Auslandsumzug vom Schriftverkehr in DE bis du dann in Südafrika aus dem Flugzeug gestiegen bist?
An Kosten waren ca. € 4500 für 3 Seekisten mit je ca 2 qqm Inhalt entstanden sowie die One Way Tickets mit ca weiteren € 1500.
Du hattest geschrieben, „Wir sind seit August wieder in Deutschland, weil ich im wahrsten Sinne des Wortes schwarz sehe.“ Welche Erlebnisse haben dich zu dieser Einschätzung gebracht?
Aufgrund der politischen und gesellschaftlichen Situation, finde ich es fast ausgeschlossen, als Angestellter oder Arbeiter eine gesicherte Existenz aufbauen zu können. Die Lebenshaltungskosten sind innerhalb eines Jahres um mindestens 25% bis 30% gestiegen. Von den ohnehin hohen Spritpreisen, Hauspreisen usw. ganz zu schweigen.
Über welche Sprachkenntnisse sollte der deutsche Expat oder Auswanderer verfügen, wenn er ans Kap geht?
Ein Einwanderer sollte auf jeden Fall Englisch können. Speziell am Kap auch Afrikaans, dies ist so ähnlich wie Holländisch und eigentlich leicht zu erlernen.
Seit einiger Zeit scheint Südafrika besonders unter britischen und US-amerikanischen Rentnern eine Art Geheimtipp zu sein. Wird da nur geworben oder sind den Verlockungen schon viele gefolgt?
Die Zuwanderung von Rentnern auch aus Deutschland, der Schweiz und aus den Niederlanden kann ich bestätigen. Es gibt Neubaugebiete – sogenannte Pensionier Estates – teilweise bis zu 100 Häusern des gleichen Baustils, sogenannte Plot und Plan, ab ca. 150.000 € im Umfeld von ca. 30 km in Kapstadt.
In Kapstadt haben die Preise inzwischen Rekorde erreicht. Ein Penthouse an der Waterfront etwa mit ca. 450 qm Wohnfläche wurde für fast 11 Mio € verkauft.
Südafrika ist das wohlhabendste Land des Kontinents. Wie schätzt du seine Zukunft in fünf Jahren ein?
Ich glaube nicht, dass sich in nächster Zukunft in Südafrika was ändert, die Machthabenden sind wie überall damit beschäftigt, sich die eigenen Taschen zu füllen. Gesellschaftlich wird sich sicherlich einiges nicht zum Guten ändern. Verfall der Großfamilie, auch leider eine zunehmende Hektik und vor allem eine Rücksichtslosigkeit, die eigentlich für dieses Land untypisch ist.
Vor einigen Monaten sorgte das Landumverteilungsprogramm der Regierung in den hiesigen Medien für (kurze) Aufregung. Hat sich seither die bedrohliche Situation für die weißen Farmer geändert?
Die Machthabenden haben sehr wohl erkannt, auch aufgrund der Geschehnisse in Zimbabwe, dass populistische Maßnahmen keinen Erfolg haben.
Für die weißen Farmer mit reinem Gewissen sehe ich keinen Grund zur Sorge. Meines Wissens ist nur bei einer Minderheit die Rede von Landabgabe.
Welche Voraussetzungen sollte jemand haben, dem du Südafrika zum Leben empfehlen würdest? Oder anders: Kannst du Südafrika jemandem empfehlen, der dort seinen Lebensunterhalt bestreiten muss?
In erster Linie braucht man finanzielle Unabhängigkeit. Aus meiner Sicht würde ich es jemandem nicht empfehlen, der in Südafrika seinen Lebensunterhalt bestreiten muss. Es sei denn, er hat gesuchte Qualifikationen …
Als kleines Beispiel : Vor allem Jüngere werden angeworben, um in Kapstadt in einem deutschen Call-Center zu arbeiten. Das bringt ca 6500 R im Monat. Die Miete in Kapstadt für eine Studentenbude kostet schon rund 4000 R, es kommen noch Kosten von Essen usw. dazu, und noch keine Versicherung geschweige denn ein Auto…
Wie war dein Verhältnis zu deutschen Auslandsarbeitern in Südafrika?
Ich hatte leider nie zu Deutschen Kontakt, nur zu deutschstämmigen Südafrikanern oder aus Namibia. Viele bereuen, dass sie die deutsche Staatsbürgerschaft abgegeben haben.
Bist du froh, wieder in Deutschland zu sein?
Um ehrlich zu sein ganz sicher nicht, aber wenn man eine Familie zu unterhalten hat….
Sollte sich bis in ca. 20 Jahren nichts Entscheidendes verändert haben, hoffe ich, meinen Lebensabend in diesem wunderschönen Land verbringen zu dürfen
Hubert, herzlichen Dank für das Gespräch!
Veröffentlicht: 11.04.2008