Ein normaler Wohnsitzwechsel bringt schon viel organisatorischen Aufwand mit sich. Wenn dein Ziel im Ausland liegt, ist der Aufwand noch größer. Die Umzugskosten sind viel höher, Autovermietungen ins Ausland sind schwierig bis unmöglich. Und bis wir uns komplett aus Deutschland abgemeldet hatten, waren bei uns 2 Monate vergangen: Einwohnermeldeamt, Krankenkasse, Finanzamt, Autoversicherung …
Vieles ist Gewusst-Wie, und unterm Strich hängt beim Auswandern alles an deiner soliden Finanzierung. Du brauchst zum Auswandern nicht nur Mut und Zielstrebigkeit, sondern auch Startkapital.
„Ist das immer so?“ „Ja!“
„Und wieviel brauche ich?“ „Das kommt drauf an!“
Zum Beispiel kommt es drauf an, ob du allein oder als Paar oder als mehrköpfige Familie auswanderst. Und es kommt darauf an, ob du im Zielland arbeitest oder nicht: Hast du schon einen Job im Zielland gefunden und den Arbeitsvertrag in der Tasche? Nimmst du dein Business mit?
Theoretisch wäre noch die Option denkbar, dass du dir im Ausland eine neue Existenz aufbauen möchtest. Unter uns, lass es! Wenn du im fremden Land etwas beginnen möchtest, das du noch nicht gemacht hast, ist die Aussicht, darin zu scheitern, dreimal höher als bei einer Neugründung in Deutschland. (80% der Gründer überleben nicht das erste Jahr. Mal drei, macht 240% Wahrscheinlichkeit – mhmm …???)
Kostenplanung als Grundlage
Bevor du dir überlegst, wie du den Neustart finanzierst, musst du wissen, welche Kosten überhaupt gedeckt werden müssen. Du brauchst Zahlen: Wie teuer wird die Miete, was kostet die Krankenkasse im Monat, usw. Du kannst aber nicht alles im Vorfeld ermitteln – weil der Aufwand zu hoch wäre oder weil du schon da sein müsstest, um es zu erfahren. Z.B.: Wie viele Tankfüllungen brauchst du im Monat? Wie werden deine Nebenkosten sein (Klimaanlagen laufen im Süden das ganze Jahr)?
Bleiben wir bei dem, was du berechnen kannst:
Der Auslandsumzug wird umso mehr kosten, je weiter du weg willst. Die Kosten für den Transport des eigenen Hab und Guts hängen auch von den genutzten Transportmitteln ab. Beauftragst du eine Spedition, ist das teurer, als wenn du selbst fährst. Ich würde mittlerweile beim Umzug ins Ausland nicht nur aufs Geld gucken. „Günstig“ heißt gewöhnlich: mindere Qualität, und man zahlt in Schrammen und Scherben drauf.
Wenn die einfache Strecke z.B. 1600 Kilometer lang ist, und du fährst mit einem Transporter selbst, sind das nach dem Einladen 2 Tage hin, 1 Tag auspacken, 2 Tage zurück. Ich habe es ausprobiert, es ist eine Ochsentour. Stressig und auch teurer als erst gedacht.
Du könntest auch deine Möbel in Deutschland einlagern – das vereinfacht den Umzug und macht deinen Wohnsitzwechsel erstmal einfacher. Du kannst die Sachen später nachholen, wenn alles bereit ist.
Wie sieht es mit den Einwanderungskosten aus? Das Visum kostet Geld und auch die Ausländerausweise und Wohnnachweise in der EU sind mit kleinen Gebühren verbunden. Übersetzungen von Dokumenten, für tausend Kleinigkeiten eine notarielle Beglaubigung – sagen wir mal so: Der biodeutsche Einwanderer ist in allen Bürokratien als verlässlicher Goldesel eingeplant.
Zusammengefasst sind folgende Kostenpunkte relevant:
- Umzug & Transport
- Einreise (inkl. Reisekosten, Visum, Dokumente)
- Wohnen (Kaufpreis der Immobilie oder Miete)
- Lebenshaltungskosten (immer in Bezug auf den zu überbrückenden Zeitraum)
- Sonstige (bspw. Versicherungen)
Finanzierung über eine deutsche Bank
Selbst wenn Auswanderer gut organisiert sind und … selbst wenn deine neue Arbeitsstelle bereits sicher ist, kann eine zusätzliche Finanzierung nötig sein. Das ist besonders dann der Fall, wenn du vor Ort eine Immobilie kaufen willst.
Denkst du jetzt an deine Hausbank in Deutschland als potenziellen Kreditgeber? Das klappt so gut wie nie. Der Grund: Die Finanzierung für ein Haus oder eine Wohnung im Ausland ist für den Kreditgeber hoch riskant.
Worst case: dein Kredit knallt, du kannst nicht zurückzahlen. Dann könnte die deutsche Bank dennoch nur schwer oder gar nicht auf die Auslandsimmobilie zugreifen – ganz anders als in Deutschland. Trotz dieser Hürden bieten einige Banken solche Optionen an.
Jetzt fragst du wahrscheinlich: „Wie kann das gehen?“ Die Voraussetzung dafür ist, dass du als Kreditsicherheit eine abbezahlte Immobilie in Deutschland anbietest.
Beispiel: Simone ist als Coach seit einer Weile regelmäßig in der Schweiz tätig. Die Hamburgerin ist eigentlich ‚nur‘ Expat, aber sie hat in der Nähe von Zürich eine traumhafte Penthouse-Wohnung gefunden, die sie kaufen könnte. Vielleicht bleibt sie ja dauerhaft in der Schweiz – und wenn nicht: vermieten tut sich das Schmuckstück von selbst. Die Eigentumswohnung in Hamburg gibt ihr die Sicherheit dafür.
Gegenbeispiel: Kim will komplett weg aus Deutschland. Die Verpflichtungen als Hausbesitzer sind ihm zu viel, denn er hat niemanden, der für ihn danach sehen könnte. Und vermieten? Ja, und wenn dann die Mieter Ärger machen? Besser, er verkauft es.
So weit, so gut. Gibt es auch andere Möglichkeiten? Ja.
Finanzierung über einen Auslandskredit
Wer kein Haus oder keine Eigentumswohnung besitzt, der ist mit Kreditanfragen an eine deutsche Bank aufgeschmissen. Die mögliche Alternative ist daher die Finanzierung über einen Auslandskredit. Dabei handelt es sich um ein Darlehen, welches direkt vor Ort von einer inländischen Bank (im Zielland) vergeben wird.
Der Beantragungsprozess kann je nach Land unterschiedlich ausfallen. Die Bank kann in der Regel nicht auf den Schufa-Score zugreifen. Darum müssen Antragssteller andere Sicherheitsnachweise erbringen.
Außerdem sind zwei Arten von Auslandskrediten zu unterscheiden: Der Eurokredit und der Fremdwährungskredit. Der Eurokredit wird im Euro-Währungsraumes gewährt.
Außerhalb der EU ist der Fremdwährungskredit die gängige Form. Das Darlehen wird in der Währung erteilt, die im Zielland als gesetzliches Zahlungsmittel anerkannt ist. Selbiges gilt für die Rückzahlung.
Wenn es nach dem Umzug noch Einnahmen aus der ehemaligen Heimat gibt, kann theoretisch ein Vorteil durch einen günstigen Wechselkurs bei der Rückzahlung entstehen. Wie beim Inlandskredit gilt auch hier: Lieber Kreditnehmer, vergleiche auch beim Auslandskredit immer die Konditionen, den Zinssatz und die Laufzeiten deines Kredits. Wenn möglich, sichere dir eine Sondertilgungsklausel.
Auslandskredit: Für wen geeignet und wo nicht?
Ohne hier auf alle Konstellationen eingehen zu können, einige typische Fälle im Überblick:
Auslandskredit ist eine gute Wahl, wenn … | Auslandskredit ist eher unpassend, wenn … |
… du in der Schweiz oder in Österreich Wohneigentum erwerben willst. Dortige Kreditgeber haben die meiste Erfahrung mit deutschen Kunden. | … du gerade deinen Job kündigst, zur Miete wohnst und du andere Sicherheiten auch abstößt (Auto, WoMo und Motorrad verkauft) – kurz: dein Leben in Deutschland aufgibst, um woanders neu anzufangen. Ausnahme: Du hast einen Top Arbeitsvertrag im Zielland unterschrieben. |
… du hohe Bonität nachweisen kannst; die Kriterien sind überall gleich, ihre Gewichtung (Scoring) kann unterschiedlich ausfallen und die Art des Bonitätsnachweises auch. | … du in Deutschland schlechtes Scoring hast. Du kannst das abfragen oder merkst es auch daran, dass du in DE keine Konsumkredite bekommst. |
Förderung eines Arbeitsplatzes mit dem EURES-Programm
Junge Menschen, die innerhalb der EU umziehen, können möglicherweise von einer EURES-Förderung profitieren. Ziel des Programms „Dein erster EURES-Arbeitsplatz“ ist es, die Bewerber aus dem EU-Raum bei der Arbeitsplatzsuche zu unterstützen. Bewerben können sich Personen von 18 bis 35 Jahren bei einem Auslandsaufenthalt von mindestens 6 Monaten. Auch die Anreise und Bewerbungsgespräche mit Arbeitgebern vor Ort werden, abhängig vom zurückgelegten Reiseweg, erstattet. Selbst Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung sind für die Förderung vorgesehen.
Eigenkapital ansparen
Die beste Finanzierung ist immer die durch Eigenkapital. So brauchen sich Auswanderer im Vorfeld deutlich weniger Gedanken zu machen und bleiben zudem frei von Zahlungsverpflichtungen. Beginne möglichst früh damit, dein Startkapital anzusparen. Eine einfache Faustregel hierfür ist die 50-30-20-Regel: 50% für deine Fixkosten, 30% für Freizeit und 20 % zum Sparen.
Finanzieller Puffer ist wichtig
Rücklagen oder Darlehen geben Sicherheit, doch rechne auch mit dem Unerwarteten. Was heißt das? Stell dich darauf ein, dass selbst der beste Finanzierungsplan irgendetwas NICHT enthält, was dir passieren kann – und versuche, dafür eine Reserve zu bilden. Und zwar plane bei der Kredithöhe einen Puffer ein.
Und noch ein Tipp: Mach dir ein genaues Bild vom Alltag deiner neuen Heimat. Bau Verbindungen auf: Fotografiere Firmenschilder, sammle Visitenkarten, sammle Telefonnummern von JEDEM, der freundlich zu dir ist. Vielleicht brauchst du sowas nie – auch gut. Aber vielleicht kommt der Tag, wo du von dort Hilfe bekommst.