Die Grünen sind m.E. die gestalterische Kraft der Regierungskoalition. Darum ist ihre Selbstdarstellung ein Stück Zukunftsprognose über die Bundesregierung. Wie steht’s um Deutschland? Dazu gibt es außer den politischen Antworten noch die internationalen Vergleiche und Prognosen.
Der Economist setzt gerade das Deutschland-Bashing fort mit dem Artikel „Ist Deutschland wieder der kranke Mann Europas?“ (Bezahlschranke). Mehr auf Deutsch im Business Insider. Deutschland, so der Artikel, habe sich von der Lokomotive Europas zum Nachzügler entwickelt. Die deutsche Wirtschaft werde in diesem Jahr als einziges Industrieland schrumpfen. Und damit nicht genug: „Laut dem Internationalen Währungsfonds wird Deutschland auch in den nächsten fünf Jahren langsamer wachsen als Amerika, Großbritannien, Frankreich und Spanien.“
Kommen wir nun zu etwas ganz Anderem.
Gesetzesentwürfe als Selbstbestätigung
Die Grünen sind derzeit in allen Umfragen, salopp gesagt, unten durch. Sie steuern gegen, aktuell mit einem Artikel darüber, was sie alles machen und tun. Laut einem Bericht der Zeitung Die Welt vom 1.9. lautet die Kernbotschaft: Sie sind besser als ihr Ruf.
Schlechter als der Ruf zu sein, ginge das für die Grünen überhaupt noch?
Die Ampel-Regierung habe „entscheidende Beschlüsse gefasst“, heißt es in dem Parteipapier. Aufgezählt werden als Belege: das Wachstumschancengesetz, das Bürokratieentlastungsgesetz, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz und das Zukunftsfinanzierungsgesetz. Neben akuter Krisenbewältigung habe man ein „stabiles Fundament für den wirtschaftlichen Wiederaufschwung gelegt“.
Input und Output
Was für eine Sprache! Wenn man die populären Ansätze des Selbstmanagement heranzieht, dann sind die eben aufgezählten Gesetze Gesetze von Losern oder für Loser. Ist überhaupt klar, was sie regeln? Bieten sie Lösungen in der Art, wie die Titel verkünden? Oder sind sie viel weniger? Gesetze, die man aufschreibt, ohne etwas für ein Ergebnis (Output) zu tun – in dem Falle beschreiben sie lediglich Inputs. Wer an Input denkt, denkt nicht an die Wirkung. Input ist nur gut, um sich zu beruhigen und die Welt schönzureden: „Guckt mal, was ich alles tue!“ Das ist Wortschubserei, aber keine Willenserklärung. Gemäß dem alten Spruch: Nicht das Erreichte zählt, sondern das Erzählte reicht.
Wachstumschancengesetz. Ein Gesetz, das nicht Wachstum verordnet, sondern Theorien enthält, wie irgend welche Chancen dafür entstehen könnten. Der Gesetzestitel klingt nach etwas, das grundsätzlich und allumfassend Entwicklungsimpulse setzt, der Inhalt entspricht dem nicht: Es geht um Steuerersparnis für die Großunternehmen. Was wird z.B. mit den KMU, die Verluste machen? Für die ist nichts dabei, denn: Ohne Gewinne keine Steuereinsparung.
Stell dir vor, du hast Hunger. Gehst du zum Imbiss und kaufst dir einen Döner oder arbeitest du ein Hungerverminderungsgesetz aus und hoffst, das dich dein Papier satt macht? (Falls du hier mit „Ja genau! So mache ich das!“ antwortest: Geh zu den Grünen. Die warten auf dich 🙂
Dieses Gesetz bewirkt rein rechnerisch eine Steuerersparnis von 7 Milliarden für einige große Unternehmen. Sind 7 Milliarden viel?
Die sanierungsbedürftigen Straßen, Autobahnen, Schienen und Brücken in Deutschland instand zu setzen, kostet 372 Milliarden Euro. Das sind die Schäden, nachdem die Bundesregierung über Jahrzehnte zu wenig in Infrastruktur investiert hat – und mit jedem Quartal wird es teurer.
Oder ein Bürokratieentlastungsgesetz wurde auf den Weg gebracht. Ist das ein Gesetz, um die Bürokratie zu entlasten? Nein – es soll eine Entlastung von der Bürokratie bringen. Dafür brauchen wir aber nicht neue Gesetze, dafür braucht es eine Entscheidung! Sprich, Mut. Weniger Staat, weniger Kontrolle, statt ein kleines Stückchen Zuckerbrot nach der Peitsche.
Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz setzt die jahrzehntelange falsche Richtung fort, High Potentials wirksam davon abzuhalten, nach Deutschland zu kommen. Das ging los mit der EU Blue Card, die hunderttausend IT Spezialisten aus Indien herbringen sollte. Es kamen ca. 1.800 und ich habe mal gelesen, die meisten hätten nach kurzer Zeit ein indisches Restaurant eröffnet.
Man könnte von Kanada lernen, wie das wirklich geht. Man könnte von den USA lernen. Man könnte von Australien und Neuseeland lernen.
Man könnte … Moment! Wer ist „man“? Die Grünen können derzeit nicht. Man kann nichts lernen, solange der Wahn so groß ist, alles zu wissen und zu meistern. Etwas mehr Bescheidenheit und Bereit sein, aus Fehlern zu lernen. Das wäre ein Anfang, der hoffen lässt.